MAK
Nr. 6 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 57 
Schleifen und Gravieren ergeben sich dann noch weitere 
Möglichkeiten der organischen Ausgestaltung. Dem Kenner 
wird wohl stets die reine Glaswirkung mit möglichst be 
scheidener, den formalen Grundzügen angepaßter Ornamentik 
am höchsten stehen. Und dies ist auch der Hauptzug der 
böhmischen Glasfabrikation. In rein-kristallinischen Formen 
sind zumal die sehr geschmackvollen Kronleuchter gehalten; 
ferner eine große Reihe von Trink-, Gieß- und Schalengefäßcn, 
wobei dann der Kristallschliff (z. B. ein Adler auf großem 
Ehrenpokal) für die ziervolle Belebung sorgt. Äußerlich mehr 
in die Augen fallend sind natürlich diejfarbigen Gläser, die 
durch ornamentales Herausschleifen des farblosen Kristall 
bodens viele anziehende Gegensatzreize erhalten: wenn etwa 
Rot (Rubin) oder Blau oder Gelb mit dem Kristallglas in 
Wechselwirkung treten. Sehr geschickt wird auch Schwarz 
verwendet, sei es als Grundfarbe, sei es zur Ausschmückung. 
So gibt es von Vitrine zu Vitrine immer neue Abwechslungen. 
Das Wichtigste aber sind natürlich die Glasformen an sich, 
wie sie der Natur und, dem Gebrauchszweck des Gegenstandes 
angepaßt sind. Abgesehen von wenigen Entgleisungen (wenn 
etwa Tempelbauten mit kannelierten Glassäulen gewagt 
werden), hält sich die österreichische Produktion mit seinem 
schmiegsamen Verständnis durchaus ans Gebotene und Natür 
liche. Das wird man gern bei uns würdigen und anerkennen 
Die Bibliothek 
Bei der Flucht König Peters mußte neben anderen 
Besitztümern und Dokumenten des : serbischen Hofes 
auch die königliche Privatbibliothek zurückgelassen 
werden. Sie wurde nach den Ausführungen des Bericht 
erstatters der „New York Times“ unter die Obhut 
eines österreichischen Gelehrten gestellt, der den 
Bücherbestand sorgfältig aufnahm und katalogisierte 
und dabei eine Fülle von Beobachtungen machte. 
Die Bibliothek König Peters ist neben dem rein 
bibliophilen Interesse auch politisch und als kenn 
zeichnend für die Persönlichkeit des Königs von Be 
deutung. Sie umfaßt: etwa 300.000 Bände. Die älteste 
Buchausgabe stammt aus dem Jahre 1528, im übrigen 
sind nur wenige durch ihr Alter wertvolle Bände vor 
handen. Von König Milan begründet, wurde die 
Bibliothek unter der Dynastie Obrenovic erweitert; 
die Bücher, die vor der Thronbesteigung der Familie 
Karageorgievic gehörten, sind besonders gekennzeichnet, 
ebenso jene Bände, die in der Regierungszeit König 
Peters einverleibt wurden. Die Bücherei der Kara 
georgievic vor der Thronbesteigung enthält zahlreiche 
wissenschaftliche Werke, besonders solche über Natur 
geschichte und Naturphilosophie. Die Liebhaberei für 
diese Fächer scheint aber im serbischen Fürstenhause 
über einen gewissen Dilettantismus nicht hinausge 
gangen zu sein. Bemerkenswert ist der große Einfluß, 
den die französische Literatur während der letzten 
zwei Jahrzehnte auf die Bibliothek des Serbenkönigs 
ausübte. So finden sich viele französische Drucke und 
Köllig Peters. 
als Gegenstück fällt der Umfang deutschfeindlicher 
Literatur auf. Bezeichnend ist auch die reiche Literatur 
englischer und französischer Werke über den Balkan, 
wobei es sich zumeist um Reisebeschreibungen sowie 
politische Bücher jüngeren Datums handelt, die als 
Geschenke mit der persönlichen Widmung der Ver 
fasser der Bibliothek überwiesen wurden. 
Die Arbeitsbibliothek des Königs ist ziemlich klein 
und beschränkt sich hauptsächlich auf Kriegspolitik 
und den großserbischen Gedanken. Einen großen Teil 
der Bibliothek bilden die dem König gewidmeten 
Druckschriften, darunter eine Fülle von Provinz 
blättern und kleinen Zeitschriften, die „König Peter- 
Sondernummern“ Herausgaben. Die große Menge 
solcher mit dem Bilde des Königs und den serbischen 
Landesfarben ausgestatteten Sondernummern meist 
unbekannter Blätter beweist die leicht geschmeichelte 
Eitelkeit des Königs, die von findigen Zeitungsleuten 
auf höchst einfache Weise in Geld umgesetzt würde. 
Eine andere Art, ' vom Hofe Taschengelder zu 
beziehen, bestand anscheinend in der Veröffentlichung 
und Widmung von Militärmärschen. So finden sich 
zahllose, höchst merkwürdig ausgestattete Marsch 
ausgaben, auf deren Umschlagseiten der Kopf des 
Königs zwischen zwei serbischen Flaggen prangt. Im 
übrigen scheint König Peter sich hauptsächlich mit 
sehr leichter Unterhaltungslektüre beschäftigt zu 
haben. Besonders sind französische Novellen, nicht 
gerade literarischer Art, in großer Zahl vertreten. 
Chronik. 
Bibliophilie. 
(Die Bibliothek des Grafen Samuel Teleki.) Aus 
Budapest wird uns geschrieben: Der kürzlich verstorbene 
Graf Samuel Teleki, der über eine große und wertvolle 
Bibliothek verfügte, hat diese der Stadt Maros zvasarhely 
vermacht, unter der Bedingung, daß diese als Stiftung des 
gewesenen Kanzlers von Siebenbürgen Graf Samuel Teleki 
und seiner Urenkel verwaltet werde. Die Bibliothek stellt 
einen Wert von acht Millionen Kronen dar. 
(Versteigerung von Seltenheiten.) Am 25. März 
veranstaltet das bekannte Antiquariat von Paul Graupe 
in Berlin W 35 eine Auktion von Seltenheiten aus der 
Bibliothek des auch als Dante-Forscher bekannten Richard 
Zoozmann. Sie umfaßt Erstdrucke der deutschen Literatur, 
Gesamtausgaben in gleichzeitigen Einbänden, dann vor allen 
Dingen künstlerisch illustrierte Bücher und moderne Luxüs- 
drucke, eine Ridinger-Sammlung, die geschätzten Topo 
graphien Merians und ein Exemplar von Schedels Chronik. 
Unter den illustrierten Werken des 18. bis 19. Jahrhunderts 
befinden sich gesuchte Stücke mit Originalgraphik von Sicard, 
Chodowieck , Gessner, Meil, Ramberg und Menzel.
	        
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