Nr. 7
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 65
Sinne des Gesetzes erst gegen Morgen Einlaß zu begehren.
Da man auf Widerspenstigkeit gefaßt war, wurde der Polizei
auch Gendarmerie beigegeben. Wie vorausgesehen worden,
widersetzten sich die Arbeiter der Aufforderung der Polizei,
die Türen zu öffnen. Nach gewaltsamer Überwältigung zeigte
sich sofort, daß man es in den Gewölbe mit der Entdeckung
einer im großen betriebenen Fabrikation falscher Banknoten
zu tun habe. Wie war aber Pasqujer erstauxit, als er wahrnehmen
mußte, daß da nicht etwa französische, sondern österreichi
sche und russische Banknoten verfertigt wurden. Sein
Erstaunen wuchs erst recht, als er erfuhr, daß diese Falsi
fikate ■ auf Befehl der französischen Regierung hergestellt
wurden. Kaum hatte nämlich der Polizeipräfekt das gefundene
Papiergeld und alle zu dessen Druck nötigen Pressen und
Werkzeuge nach der Präfektur bringen lassen, als er auch
schon den hievon benachrichtigten Herzog von Rovigo.
den damaligen Polizeiminister in größter Bestürzung bei sich
eintreten sah. Von ihm erfuhr nun Pasquier, daß auf seine
Verfügung unter der Leitung Desmarests, Chefs des ersten
Departements des Polizeiministeriums, der Drucker Fain,
Bruder eines der Privatsekretäre Napoleons, die falschen
Banknoten verfertigte.
Nach dem Geständnis Rovigos sollten sie als Zahlungs
mittel für alle Lieferungen in Rußland dienen und ebenso in
Österreich, falls es auch mit dieser Macht zum Kriege käme.
Pasquier konnte sich nicht enthalten, seinem Vorgesetzten
den Vorwurf zu machen, warum er ihm nicht den Auftrag
erteilt habe, dieses Haus den. wachsamen Augen seiner Polizex
zu entziehen. Rovigo gab ihm hierin recht, berief sich aber
auf strikte Befehle des Kaisers. Pasquier will mit aller Be
stimmtheit wissen, daß nur ganz geringe Mengen der Falisfikate
in Rußland zur Verwendung gelangten, deren größter Teil aut
dem Rückzuge aus Rußland in aller Eile verbrannt wurde.
Bezeichnend ist es, daß Rovigo selbst in seinen Memoiren mit
keinem Worte dieser dunkeln Geschichte gedenkt. Für uns
ist es aber erbaulich, daß England und Frankreich zur Schädi
gung ihrer Gegner ein durchaus verwerfliches Mittel benützen
wollten, über dessen angeblichen, doch vollkommen unbe
gründeten Gebrauch von seiten Deutschlands sie jetzt in er
heuchelter moralischer Entrüstung Zeter und Mordio schreien.
Chronik.
Bibliophilie
(Eine Kochbücher-Sammlung.) Die Berliner König
liche Bibliothek ist jetzt durch das Vermächtnis des dortigen
Rentners Dr. Georg August Freund in den Besitz einer
eigenartigen, wohl kaum in einer anderen Bibliothek in solchem
Umfange bestehenden Sammlung von Kochbüchern und
diätetischen Schriften gekommen, die auch auf benachbarte
Gebiete, wie Haus- und Gartenwirtschaft usw., übergreift.
Sie umfaßt über 3000 Bände in verschiedenen Sprachen,
darunter 98 vorzugsweise deutsche Handschriften, vom 16. Jahr
hundert an. Nachdem Freund, der auch der Berliner Stadt
bibliothek eine reiche Schenkung von 10.000 Bänden machte,
schon selbst begonnen hatte, auf d : esem Gebiet zu sammeln,
erwarb er als Ganzes d : e Kochbüchersämmlung von Theodor
Drcxel in Frankfurt a. M. Diese enthielt unter ihren nahezu
1300 Nummern große Seltenheiten. Der Zusatz an Inkunabeln
der Königl. Bbliothek aus dem Freundschen Vermächtnis
tritt gegen das 16. und 17. Jahrhundert zurück. Aus letzterem
sei der Elzeviersche „Pastissier francais“ aufgeführt. Eine
besondere Merkwürdigkeit bilden mehrere mächtige Albums
mit einer großen Sammlung von Speisefolgen, u. a. vom
Berliner Hofe, darunter historisch und künstlerisch interessante
Stücke von Hoffesten, Fürstenbesuchen und anderen be
sonderen Gelegenheiten.
(Wertvolle historische Werke.) Das Antiquariat
Otto Harassowitz in Leipzig veröffentlicht soeben seinen
372. Katalog über deutsche Geschichte mit besonderer
Berücksichtigung der Kulturgeschichte einschließlich der
nichtslawischen Länder von Österreich-Ungarn. Er ist nicht
nur sehr umfangreich, umfaßt er doch 3226 Nummern, sondern
auch sehr sorgfältig gearbeitet und geschickt disponiert.
Die Wertstücke der Sammlung sind nicht sowohl „Curiosities“,
seltene, alte Drucke u. dgl., obgleich es an denen auch nicht
fehlt, als mehr oder minder vollständige Zusammenstellungen
von Jahrgängen, wissenschaftlicher Zeitschriften, sowohl all
gemein- als auch partikular- und lokalgeschichtlicher. Während
der bei weitem größte Teil der Bücher sehr billig bewertet ist,
sind die genannten Jahrgangs-Sammlungen ihrem Wert
entsprechend — aber nicht zu teuer normiert. 106 Bände der
historischen Zeitschrift kommen auf M 650, der Anzeiger für
Kunde der deutschen Vorzeit, fortgesetzt im Anzeiger. des
Germanischen Nationalmuseums, auf M 400. Von landes-
und ortsgeschichtlichen Zeitschriften, die vollständig oder
nahezu vollständig da sind, seien genannt, „Forschungen zur
brandenburg-preußischen Geschichte“, „Annalen für nas-
sauische Altertumskunde“ usw., „Zeitschrift des West
preußischen Geschichtsvereins“, „Quellen zur Geschichte der
Stadt Köln“, „Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte“,
„Jahrbuch der Gesellschaft für lothringische Geschichte“
usw., „Jahrbücher des Vereines für mecklenburgische Ge
schichte“ usw. Auch andere Zeitschriften sind vorhanden,
so „Gegenwart", „DeutscheRundschau“, „Stimmen aus Maria
Laach“. Bibliophile werden sich für die Originalausgabe von
Luthers „Wider Hans Worst“ (Wittenberg 1541) und ein
Prachtexemplar der ersten Märkischen Kirchenordnung
(Berlin 1540), das M 560 kosten soll, interessieren. Für viele
Kreise kommt auch das großartige Kostümwerk von Hefner-
Alteneck, das ja besonders für die christlich-byzantinische
Kunst von Wichtigkeit ist, in Betracht. Es werden M 725
dafür verlangt. Den höchsten Verkaufspreis haben die Monu-
raenta Germaniae historica, für sie werden M 2500
beansprucht.
Bilder.
(Glasmalereien nach Thomaschen Gemälden.) Der
bekannte Jahres-Zyklus im Karlsruher Thoma-Museum hat
nunmehr eine neue Verwendung gefunden. Professor Wilhelm
Süß (Karlsruhe) hat im Einvernehmen mit Hans Thom aeinige
der wichtigsten Gemälde in Glasmalerei umgesetzt. Die Glas
gemälde werden jetzt in der Werkstatt des Karlsruher Kunst
glasers Drinneberg öffentlich ausgestellt und werden von
dort nach Frankfurt a. M. gehen, wo sie in der Sammlung des
Auftraggebers Konsul Kotzenberg aufgestellt werden sollen.
Von den Festzeiten sind die „Ruhe auf der Flucht", das
„Lehramt", die „Kreuzigung“, das Chaos der „Unseligen“
und die „Gefilde der Seligen“ in verschiedenen Größen ver
wendet worden. Die zwölf Monatsdarstellungen der Eingangs
wand wurden in zwei Fenster zusammengefaßt. Die neue
F'assung von Professor Süß hält sich streng an Thomas Original
und zeigt nur im Farbigen und Linearen die der Glasmalerei
gemäße Vereinfachung und Umwandlung.-