Nr. 20
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 165
Die Lobmeyr-Sammlung.
Die Ausstellung der Bilder Ludwig Lobmeyrs
wird den Wiener Kunstfreunden noch einmal Gelegen
heit bieten, die Sammlung in ihrer Gänze zu besich
tigen. Man wird da neben den herrlichen Maler
schöpfungen des vorigen Jahrhunderts auch eine Reihe
kostbarer alter Gemälde bewundern können, für die
Lobmeyr immer etwas übrig hatte. Ja, er begann
das Sammeln mit einem Alten, mit dem. Niederländer
Joos van Craesbeeck, den Brouwer vom Bäcker
zum. Maler gewandelt hat. „Im Jahre 1859“, so erzählt
uns Arpad Wei xigärtner, „erwarben Ludwig Lobmeyr
und sein Bruder (Josef) die ,Dambrettspieler‘ von
Kamin gewahrt man drei Männer. Durch die Türe,
welche ins Freie führt, verläßt eben eine zwergenhafte
Frau die Stube.
Ein ähnliches Motiv behandelt auch das Gemälde
von. Richard Bralcenburg, das wir in Fig. 5 vor
führen. Auch hier eine Wirtsstube. In der Mitte des
Zimmers steht eine Frau in braunem. Kleide, ein Kind
in der Hand, ein neben ihr stehender Mann hält sie
umfangen. Rechts sitzt eine Frau, welche sich gegen
die Liebkosungen eines alten Mannes zu wehren sucht.
In der Stube Männer und Frauen, die dem übermütigen
Treiben lachend Zusehen.
Fig. 5.
Richard Brakenburg, Wirtsstube.
Craesbeeck als das erste der Bilder, mit denen sie
ihre Wohnung zu schmücken gedachten. Auf Verstei
gerungen (zum. Beispiel der Sammlungen Festetics,
Hussians, Galvagnis, Gsells oder der künstlerischen
Nachlässe Makarts, Canons, Kurzbauers, Amerlings,
Schönns) oder von Kunsthändlern, wie Plach und
Sedelmeyer, aber auch von Künstlern selbst, vor allem
von Rudolf von Alt und Pettcnkofen, dann von
Vautier und den beiden Achenbach erwarb Ludwig
Lobmeyr ein Stück um das andere und brachte so
allmählich seinen schönen Kunstbesitz, eine der größten
Wiener Privatgalericn, zusammen.“
In Fig. 4 zeigen wir das Craesbeecksche Gemälde,
Der Künstler versetzt uns in eine vlämische Wirts
stube. An einem Tische sitzt eine Frau und spielt mit
einem ihr gegenübersteheiiden Soldaten Dam,. Ein
älterer Mann in schwarzem Gewand und ein vlämbcher
Bauer sehen zu. Rechts kömmt der Wirt mit einem
Steinkrug aus dem Keller. Links vor dem offenen
Die Namen Alt und Pettenkofen weisen schon
darauf hin, daß die Lobmeyr-Sammlung reich an
Aquarellen ist; es finden sich aber auch in der Samm
lung zahlreiche vorzügliche Handzeichnungen und
Ölstudien. So sind von Rudolf von Alt selbst die Blei
stiftzeichnungen „Der Hohe Markt und der Franzens
platz“ und „Der Kohlmarkt in Wien“ vorhanden,
von Eduard Grützner die Bleistiftzeichnung „Das
Münchner Kindl als Bilderfreund“ und die Tuschzeich
nungen „Das Ständchen“, „Die Verlockung“, „Das
Würfelspiel“, und „Vergebliche Werbung“, von Hans
Makart die Ölstudien „Die Falknerin“ und „Dante“,
ferner die Tuschzeichnung „Die Walküre“, von Petten
kofen in Blei und Sepia „Ungarischer Bauer mit
zwei ausgejochten Ochsen“, „Ungarischer Bauer, an
seinen Marktkarren gelehnt“, die Bleistiftzeichnungen
„Ungarisches Dorf mit Kreuz", „Sclrustcrgäßchen in
Szolnok“, „Kleines Zigeunermädchen“, „Italienische
Wirtsstuben“ u. v. a. vor.