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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XIX (1884 / 227)

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anderer Ausweg gar nicht über, als vorläufig die Sache dem Ermessen 
der Einzelnen anheim zu stellen. 
Gerade diese Unklarheit fordert aber dazu auf, die Besprechung 
dieser Fragen in Fluss zu bringen. 
Es ist aber schon vorher bemerkt worden, dass die Composition 
ganzer großer Objecte, wie an den Meisterschulen der Akademien, nicht 
hieher gehört. 
Auch das Componiren mit dem Oelpapier ist nichtsweniger als nach- 
ahmenswerth. 
Noch gibt es eine andere weitverbreitete Art des Entwerfens, nämlich 
die mit dem Gummi elasticum. Bei dieser Methode sitzt der Entwerfende 
zwar vor dem leeren Papier und versucht seine eigenen Gedanken zu 
entwickeln, aber es geschieht dies nicht systematisch, sondern nachdem 
irgend etwas gezeichnet, wird es betrachtet, und was daran nicht passt, 
mit dem Gummi ausgewischt. An diese Stelle kommt etwas anderes, was 
vielleicht wieder nicht passt oder an einer anderen Stelle der Compo- 
sition Uebelstände erzeugt, weshalb nun wieder radirt werden muss und 
so geht es fort, bis endlich doch etwas Leidliches daraus wird oder bis 
Zeitmangel oder Ermüdung den Zeichner bestimmen, mit einer minder 
guten Lösung seiner Idee sich zufrieden zu geben. 
Dieses Verfahren hat eine Menge Nachtheile. 
Zuweilen gelingt es zufällig, gleich beim ersten Wurf das Richtige 
zu treffen; sehr häufig aber führt es zu endloser Mühe. Nachdem eine 
Reihe von Varianten durchprobirt ist, treten immer wieder dieselben Com- 
binationen auf, aus deren Kreislauf kein Entrinnen sichtbar wird, kein 
Ausweg offen zu stehen scheint. Eine Erscheinung, die gewiss Jeder, der 
schon Unterricht im Entwerfen gegeben, beobachtet hat. Es ist dies ganz 
begreiflich, denn es überschreitet die Zahl der Combinationen endlich 
das, was aus der bloßen Erinnerung her überblickt und gleichzeitig 
überlegt werden kann. Diese Methode sollte daher nicht von einer Gene- 
ration auf die andere verpflanzt, sondern im Gegentheil schon in der 
Schule mit allen verfügbaren Mitteln bekämpft werden. 
Eine bessere, aber doch noch weitaus nicht mustergiltige Abart davon 
ist es, wenn einer ganzen Classe schriftlich ein Compositionsthema als 
Hausarbeit auf Termin gegeben wird. 
Zunächst begeben sich da die jungen Zukunftskünstler in die Biblio- 
thek, wo sie sich das Componiren mit dem Pauspapier angewöhnen. 
Werden dann die Fehler der fertigen Arbeiten auch noch so treffend 
durchgesprochen, so betrifft dies doch immer nur einen speciellen Fall 
und man steht nun vor dem Componiren mit dem Radirgummi. 
Noch eine andere Art des Entwerfens sei genannt: das Improvisiren. 
Auf diesem Wege sind die Werke der Kunstindustrie und selbst der großen 
Kunst in den ältesten Zeiten entstanden, als noch Alles ä la prima ge- 
macht wurde. So entstanden die leichtlehigen, reizenden Decore der pom-
	        
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