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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XII (1877 / 136)

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nicht jene Stellung, welche dem Schalfungstriebe des Künstlers entspricht. 
Wie sehr sich Alles zu bureaukratischen Formen zuspitzte, zeigt nichts 
deutlicher als die Aeusserung, welche Kaiser Franz gegenüber dem Bild- 
hauer Schaller gethan, der sich für das neue Amt bedankte und zugleich 
den Wunsch aussprach, Aufträge zu erhalten. Verwundert bemerkte der 
Kaiser: vSind Sie denn nicht eben gerade Professor gewordenh worauf 
Schaller auf seine Künstlerthätigkeit hinwies, die mit seinem Lehrberuf 
an der Akademie ganz unzertrennbar sei. Leider hat man in späteren 
Jahren das System, mit den Kaiserpreisen auch Aufträge für Bildhauer 
zu verbinden, in Folge eines falsch verstandenen Liberalismus fallen lassen. 
Da nur wenige Preise vertheilt wurden und daher nur wenige Aufträge 
an österreichische Künstler ertheilt werden konnten, so gab es eine grosse 
Anzahl unzufriedener Bildhauer. Man hob deshalb das frühere System 
ganz auf und vermehrte die Preise bei der sogenannten Reorganisation 
des Institutes der Kaiserpreise; dabei wurde nur Eines erreicht, nämlich 
die Vermehrung der Preise an Bildhauer, aber man war nicht mehr in 
der Lage zugleich auch Aufträge an jene Künstler zu geben, welche, mit 
Preisen ausgezeichnet, nach Rom geschickt wurden. 
Der Aufenthalt in Rom, welcher nunmehr den Bildhauern ermöglicht 
wurde, ist jedoch viel zu kurz , um einem Bildhauer wirklich zu nützen. 
In der Regel muss er gerade dann Rom verlassen, wenn gr sich über die 
Bildhauerkunst und die plastischen Werke des Alterthums hinlänglich unter- 
richtet hat. Er hat kaum den Fuss in das Land der classischen Ideale 
gesetzt und schon muss er daran denken seinen Aufenthalt zu verändern. 
Dazu kömmt noch, dass der Bildhauer seine Arbeit nicht leicht, wie der 
Maler, von einem Orte zum andern tragen und daher die Frucht seiner 
Arbeit nicht zur Geltung bringen kann. Er bedarf Aufträge, denen er 
seine volle Musse und seine ganze Gcdankenarbeit widmen kann, er braucht 
die Schulung durch eine grössere Arbeit. Nichts ist im Stande, ihm diese 
Schulung zu ersetzen, und es wäre eine grosse Täuschung, wenn man 
glauben würde, dass das Entwerfen von Skizzen oder die Ausführung 
von kleineren Büsten ihm einen Ersatz bieten könnte für eine grosse ge- 
diegene Arbeit, eine Arbeit im grossen Style und in würdigerem Materiale. 
Deswegen ist es zu bedauern, dass man von dem Principe abgegangen ist, 
mit dem Kaiserpreise Aufträge von Seite des Hofes zu verbinden, abge- 
sehen davon, dass dem Hofe Gelegenheit zur Erwerbung hervorragender 
Marmorwerke entgeht und abgesehen davon, dass auch ein Theil jenes 
Glanzes dem Hofe entzogen wird, der sich von selbst über demselben 
verbreitet , wenn er gewissermassen jene Zöglinge der Akademie in 
seinen mächtigen Schutz nimmt, welche von derselben mit Kaiserpreisen 
ausgezeichnet werden. Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, dass 
diese Verhältnisse einer gründlichen Regelung bedürfen. Alle Ver- 
suche, welche der Sprecher dieser Worte nach dieser Richtung gemacht
	        
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