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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 21 
Todesdaten und folgende Charakteristik: »Genealisch 
Profil, das oft in Narrheit hinausschwebt, — Aber lieb 
lich ist, und reich und einfach und kindlich. — 26. April 
1790. L.« 
Lips ist in der Lavater-Sammlung mit einer Serie 
von 9 Nummern vertreten, von denen wir in Fig. 10 eine 
Federzeichnung (Ein nackter Knabe, eine Büste be 
malend) reproduzieren. Von Joh. Rudolf Schellen- 
b e r g ist die Gouache »Der vom Blitze erschlagene 
Schäfer« (Fig. 11) abgebildet. 
ln der Bibliothek Kurt Wolff fehlt es natürlich nicht 
an Modernen, wie eine lückenlose Reihe der Erstaus 
gaben Richard D e h m e 1 s, zum Teil in eigenhändigen 
Widmungsexemplaren und solche mit selbst gezeichneten 
Exlibris, zeigt. Auch Liebhaber von schönen Einbänden 
finden einige hervorragende Stücke in dem Katalog ver 
zeichnet, der unter Mitarbeit des Vorbesitzers und des 
Herrn Dr. F. A. Hiinich in Leipzig hergestellt, in ge 
nauen Beschreibungen der einzelnen Stücke literarisch 
interessante Notizen bringt. 
Sammler und Sammlungen auf tabakologischem Gebiet. 
Von Dr. Eduard Maria Schranka (Wien). 
HI.*) 
Eine wichtigere Rolle als. das Zigarrenspitzelsammeln 
spielt das Sammeln der Zigarrenstummel n. 
Schon im Worte Stump, Stumpf, Stummel liegt 
erstens der Begriff des Kurzen — man nennt auch kurze 
Pfeifen Stummelpfeifen und zweitens das Verächtliche, 
denn er ist ja ein weggeworfener Gegenstand. 
Ein G. W. signierter Ausspruch lautete: »Am weg 
werfendsten werden in der Welt die Zigarrenstumpen 
behandelt.« 
»Multi pertransibunt« — viele gehen vorüber, treten 
rücksichtslos darauf, andere stoßen ihn mit dem Fuß bei 
seite, den Wert wohl kaum erwägend, welchen diese Ab 
fälle eventuell noch repräsentieren; erst eine dritte Klasse 
von Menschen gibt es, welche sie aufheben diese Stummel, 
ohne zu fragen: »Von wessen Mund liegt diese Frucht am 
Boden?« Ihnen ist cs gleichgiltig, sie sind eben nicht 
heikel. 
Nur für den denkenden Psychologen ist die Frage 
nicht uninteressant, aber noch interessanter die andere: 
Warum liegt sie am Boden? 
Gewöhnlich dürfte die Antwort lauten: Sie mundete 
nicht. 
Klara Blüthgen sagt doch 'mal in der »Woche«: 
»Von den Zigarren und der Leidenschaft schmeckt das 
letzte Drittel unverweigerlich bitter.« 
Auch von den Zigarren gilt das Wort: »In cauda 
venenum.« Doch was dem einen nicht recht war, ist dem 
anderen wenigstens — billig, denn er kommt bisweilen 
zu einem mitunter nicht zu verachtenden Genüsse. Für 
den Stummelraucher kann ja auch Vespasians Wort 
von Titus gelten: »Non ölet«, obwohl ein Stummel 
manchmal ganz beträchtlich stinken kann; ich denke nur 
an jenen Bauernburschen, der, auf der Landstraße einen 
Stummel findend, den ein Automobilist weggeworfen, 
meinte, das müsse eine feine Zigarre gewesen sein, weil 
sie nach Benzin rieche. Aber auch aus anderen Gründen 
als dem genannten, findet man zuweilen selbst größere 
und feinere Zigarrenstücke am Boden. Der eine Raucher 
warf es in seelischer Aufregung von sich, ein anderer 
mußte einen Ort betreten, wo das Rauchen unstatthaft 
oder wenigstens die Sitte es verbietet und dergleichen 
Fälle mehr. 
Die besten Bezugsquellen solcher Zigarrenreste sind 
vor den Museen oder zur Theaterstunde vor den Hallen 
Thaliens, wo oft ganze Schwärme halbreifer Jungen 
stehen, die auf ihre Beute lauern. Die Ernte ist oft er- 
*) Siehe die Nr. 10 und 15/16 der »Internationalen Sammler- 
Zeitung«. 
giebig und gut; ja oft warten die betreffenden Sammler 
gar nicht, bis der Stummel, oft noch eine halbe Zigarre, 
auf den Boden geworfen wird, sie betteln um die Zigarre 
im Munde. Auch Post- und andere Aemter sind geeignete 
Fundgruben. An solchen Orten sind zuweilen eigene Zi 
garrenableger mit mehreren parallelen Rinnen ange 
bracht. 
Außerdem sind frequentierte Promenaden ein er 
giebiges Feld für die Suche nach Zigarrenstummeln. 
Größere und kleinere, gute und schlechte Abfälle sind da 
zu finden, denn hier passierten sparsame, aber auch 
luxuriöse Raucher und bisweilen kann ein Zigarren 
stummel selbst von geringer Länge, wenn es der Rest 
einer teuren Spezialität ist, immer noch einen Wert be 
sitzen, der den Preis einer mittelguten Zigarre eines an 
ständigen Mannes des Mittelstandes übersteigen kann. 
»Was rauchst du da?« fragte einer, und der andere ant 
wortete nicht geistlos: »Havanna-Auflese!« 
Nicht ohne Witz wurde der Stummel von dem 
Wiener Feuilletonisten Hippolyt »Trottoirkuba« ge 
nannt. Im Wiener Dialekt finden sich dafür auch die Be 
zeichnungen »Schraufen« und »Matschker«, welch 
letzteres Wort an die »mocka« des Pfeifenwassersackes 
erinnert, denn derlei Zigarrenabfälle dienten auch als 
Kautabak und fanden zu dieser Verwendung besondere 
Liebhaber unter der Soldateska, die mit einer gewissen 
Leidenschaft ihren »bago«, so nannte man’s auch, kauten. 
Noch ein, besonders in Wien gebräuchlicher Aus 
druck ist »Tschick«, daher tschicken gleich kauen. Man 
spricht in Wien auch von Tschickbarons, und die »Ar 
beiter-Zeitung« vom 20. November 1911 brachte einen 
Leitartikel, »Tschickjustiz« überschrieben. An die 
Havanna-Auflese erinnert auch das tschechische, an 
Britannika anklingende zvedanika, sowie der Ausdruck 
»nizozemsky« (Niederländer). 
Die Verächtlichkeit des Zigarrenstummels war nach 
dem »Neuen Wiener Journal« vom 20. März 1907 die Ur 
sache, daß ein J.-U.-Dr. Nemeczck aus der Advo 
katenliste gestrichen wurde wegen des den ganzen Stand 
kompromittierenden Aufhebens von Zigarrenresten. 
In einem »Souvenir« betitelten Buche Gustave 
Claudius läßt uns der Verfasser einen Blick ins Ar- 
beitskabinett Laraartines tun, der besonders beim 
Arbeiten ein starker Raucher und Schnupfer war. Er 
diktierte am Kanapee sitzend, seinen enthaarten Wind 
hund zu seinen Füßen. Er stopfte sich die Nase mit Tabak 
voll und zündete darauf eine kleine Zigarre an. Nach 
zwei bis drei Zügen fühlte er das Bedürfnis, sich zu 
schneuzen. Er warf vorher die Zigarre weg, schneuzte
	        
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