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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 15/16
galerie an Werken der österreichischen Schulen
konnte durch den Ankauf von vier Gemälden ergänzt
werden. Das bedeutendste von diesen ist ein dreiteiliger
Altar aus dem engsten Kreise des Tiroler Meisters
Michael Pacher, darstellend die heilige Dreifaltigkeit
als Mittelbild und die Heiligen Markus und Antonius als
Flügel, zuletzt in der Sammlung P a c 1111 y in Nizza, in
der Literatur mehrfach besprochen und meist als eine
Arbeit Friedrich Pachers bezeichnet. Dieses Werk ist
ein hervorragendes Beispiel der mehr der italienischen
Kunst sich nähernden Richtung der Pacherschen Werk
statt, ebenso wie die im vorigen Jahre von der kaiser
lichen Galerie erworbene Altartafel aus Uttenheim mehr
die deutschen Neigungen der südtirolischen Schule ver
körpert. Durch diese beiden bezeichnenden Altarwerke
Schule Van Dycks und den Jugendwerken Reynolds in
der Mitte stehende, koloristisch außerordentlich reizvolle
Porträt einer jungen Dame, das mit guten Gründen
William H ogarth, dem großen Meister des Sittenbildes,
zugeschrieben wird; ein durch feinen Ton ausgezeich
netes, sehr lebensvolles Porträt eines englischen Geist
lichen (Rev. Basil Berigde) von John W r i g h t o f
Derb y (Widmung eines ungenannt sein wollenden
Kunstfreundes) und das durch malerische Breite des Vor
trages und gewählte Färbung hervorragende Porträt
eines jungen Offiziers (Captain Patrick Stirling) von Sir
Henry R a e b u r n, dem großen schottischen Bildnis
maler, dessen Werke mit Recht in neuester Zeit den Ge
mälden Reynolds und Gainsboroughs gleichgestellt wer
den (Fig. 12).
Fis. 12. Raeburn, Cap
ist nun die Aittiroler Schule in der kaiserlichen Galerie,
in der sie bisher gefehlt hatte, gut und anschaulich ver
treten. Die drei übrigen im Jahre 1912 erworbenen Ge
mälde der altösterreichischen Schulen sind eine durch
blumige Färbung und höchst eigenartige Auffassung aus
gezeichnete Skizze zu einem Altarbilde, darstellend den
Unglauben des heiligen Thomas, von dem genialsten der
österreichischen Barockmaler, A. F. Maul per tsch,
das Porträt des Grafen Saurau von Heinrich Füger,
eine besonders lebendige und frische Bildnisstudie’ zu
dem Repräsentationsbild in der Grazer Galerie und end
lich ein durch edlen Stil und feine Färbung hervorragen
des Aquarell, »Dante und Beatrice« (Fig. 11), von Eduard
von S t e i n 1 e.
Aus der englischen Schule des 18. Jahrhunderts, die
bisher in der kaiserlichen Gemäldegalerie noch nicht ver
treten war, konnten drei vorzügliche Bildnisse erworben
werden: das zwischen den spätesten Ausläufern der
tain Patrick Stirling.
Der an Zahl nicht sehr reichen, wenn auch an hohen
künstlerischen Werten keineswegs armen Abteilung hol
ländischer Gemälde des 17. Jahrhunderts wurde eine sehr
stimmungsvolle, große Landschaft von Isaak van
O s t a d e eingereiht, die selbst neben einem Meister
werke, wie Jakob Ruisdaels »Großem Wald« zu bestehen
vermag (Fig. 13).
Auch die Sammlung italienischer Gemälde wurde
um einige bedeutende Stücke vermehrt. Als Widmung
des Wiener Sammlers Stephan Auspitz Edlen von
Artenegg gelangte ein Hauptwerk eines der tem
peramentvollsten Maler, die die Geschichte der Kunst
kennt, des Genuesen Alessandro Magnasco, genannt
Lissandrino, in die Sammlung: »Eine Mahlzeit von Mön
chen im Freien«, höchst eigenartig in der Komposition
und mit außerordentlich viel Geist und breitem Pinsel ge
malt. Die bedeutendste Erwerbung des ganzen Jahres
sind wohl zwei kleine Gemälde von dem Meister der