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Internationale Sammler-Zeitung. 
Nr. 17 
den damals in Schlesien angebauten Pflanzen die Nelke 
als Caryophyllus domesticus, Tagetes patula als 
Caryophyllus Indiens minor simplex und minor plenus, 
Tagetes erecta als Caryophyllus Indiens maior simplici 
flore und multiflorus angeführt. Bei den meisten Au 
toren der Renaissance finden sich diese noch heute viel 
verbreiteten Zierpflanzen, die zu den ersten aus Ame 
rika eingeführten gehören, als Fips africanus bezeichnet. 
Dodonaeus gibt an, daß Kaiser Karl V. sie im 
Jahre 1535 aus dem eroberten Tunis mitgebracht habe. 
Dieser Irrtum erklärt sich einerseits so, daß mit 
Pflanzen, die von dem afrikanischen Kriegszuge her 
nach Spanien gelangt waren und unter denen sich wohl 
auch wilde, den Dianthus Caryophyllus nahestehende 
Arten befanden, gleichzeitig solche aus Mexiko ein 
trafen und bald in bezug auf ihren Ursprung ver 
wechselt wurden. 
Fig, 5. Rembrandt, »Saskia mit der Nelke«. 
Zweifellos sind die Tagetes, Samtblumen oder 
Samtnelken, infolge ihrer leuchtenden Farben und der 
für den Laien nelkenähnlichen Gestalt wie die Nelken, 
mit denen sie in die eine Gattung Caryophyllus gestellt 
wurden, in Italien bald nach der Einführung viel kulti 
viert worden. 
Im Herbarium des Aldrovandi zu Bologna (ge 
boren 1522, gestorben 1605), das seit 1538 gesammelte 
Pflanzen enthält und zu den ältesten Herbarien der 
Welt gehört, enthält der erste Band Tagetes erecta 
unter den Namen Othonna und Tagetes Indica, der 
vierte Band dieselben Pflanzen als Othonna alia maior 
und Othonna minor. Dem Matthioli gilt Tagetes erecta 
als Caryophyllus Indiens maior. Als Luca Ghini, der 
Lehrer Aldrovandis, von 1544 bis 1566 (seinem Todes 
jahr) an der Universität zu Pisa wirkte, war im dortigen 
botanischen Garten schon die Tagetes erecta vertreten. 
ln dem zu Bologna verwahrten berühmten Her 
barium des Ulisse Aldrovandi findet sich, und zwar 
im ersten Bande, Dianthus Caryophyllus mit weißen 
Blüten als Lychnis agria alba und im dritten Bande mit 
roten Blüten als Caryophyllus nostras flore rubro. 
Dann begegnet man der Nelke im bedeutungs 
vollen Zusammenhänge auf Heiligen- und Marien 
bildern der Renaissance. Auf dem Leonardo da 
Vinci zugeschriebenen Bilde der Münchener Alten 
Pinakothek reicht die Madonna dem Jesuskindlein eine 
Nelke dar, ebenso auf dem Bilde des Wallraff-Richartz- 
Museurns in Köln, das der Meister des Marien 
lebens um 1450 gemalt hat (Fig. 6j. Das gleiche 
Motiv kehrt auf einem in Wien vor einigen Jahren zur 
Versteigerung gelangten Bilde der heiligen Familie 
wieder, das ohne nähere Begründung dem Meister vom 
Tode Mariä zugeschrieben wurde. Allgemein bekannt 
ist Raffaels Bild in London, das Maria mit dem 
Christuskind und dem kleinen Johannes darstellt; das 
Christkind hält eine rote Nelke in der Hand, nach der 
der kleine Johannes greift. 
Im Wiener kaiserlichen Museum befindet sich eine 
»Madonna mit der Lilie«, ein Holzbild, das bis zum 
Jahre 1636 in Konstantinopel eine Kirche zierte. »Links, 
wie zwischen Bild und Rahmen gesteckt, ein Zweiglein 
mit Nelkenblüten.« (Engerths Katalog.) Man hat dieses 
Bild der Nelken wegen dem Ferraresen Benvenuto di 
Piero Tisio zugeschrieben, In Wirklichkeit war der un 
bekannte Maler dieses Bildes, der ebenfalls die Nelke 
als Künstlerzeichen führte, ein Mailänder. 
In den so kostbar mit gemalten Miniaturen ausge 
statteten flämischen Gebetbüchern der Sammlung 
Lanna aus dem 15. Jahrhundert sind noch ungefüllte 
Nelken nebst anderen deutlich erkennbaren Blumen, 
Blättern und Früchten zur Randeinfassung verwendet. 
Auch das Titelblatt des Gebetbuches Kaiser A1- 
brecht II. im Melker Stift zeigt Nelken, aber deutlich 
gefüllte und etwas stilisierte in der Randleiste. Nicht 
Fig. 6. Meister des Marienlebens, Die Madonna 
(mit der Nelke) spendet dem hl. Bernhard von Clairvaux Milch.
	        
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