274
lich die Fayence. erfreut, ihre volle Entfaltung dem Porzellan verdanken;
alle Hilfsmittel der neueren Chemie wurden herangezogen, der emsigste
Fleiß allenthalben angewendet, um bei der Entwicklung der Porzellan-
industrie den allgemeinen Liebling schön zu schmücken, dem edlen Stoffe
ein würdiges buntes Kleid zu schaffen. Die an dem harten, spröden Stoffe
gemachten schwierigen Erfahrungen haben sich dann die anderen Zweige
der Keramik zu Nutze gemacht, und wenn heute die Fayence. der die
weichere Glasur, die Masse und Darstellungsart so recht zu glänzenden,
brillanten Farbeffecten verhilft, prunkhaft auftritt und das Porzellan in
decorativem Eifecte in den Hintergrund drängen will, so ist dies doch
nur entlehnte Kraft und gelingt ihr es in wahrhaften Prachtstücken, in
wirklichen choses precieuses doch nicht.
Zunächst verdanken wir dem Porzellan die Ausbildung der soge-
nannten Mutfelfarben, der eigentlichen Porzellanfarben.
Das hohe Feuer des Porzellangarbrandes verträgt nur sehr beschränkt
eine Application der Farben gleichzeitig mit der Glasur - wie etwa bei
der alten Majolika - und man-musste daher bedacht sein, auf die fertigen
Stücke nachträglich einen Schmelzdecor aufzubrennen, nach Art der Glas-
malerei. So entstanden die Porzellan farben, leichttiüssige Bleiborsäure-
gläser der verschiedensten Zusammensetzung, durch beigemengte oder mit
verschmolzene Metalloxyde, auch färbige Metallsalze, gefärbt.
Mit fiüchtigen Oelen (Terpentin- und Dicköl) fein verrieben, werden
sie in dünner Lage auf die Porzellanglasur aufgetragen und dann durch
Erhitzen in eigenen Oefen, den Mutfeln, aufgebrannt. Das Oel verHüch-
tigt und verbrennt ohne Rückstand und das Farbglaspulver schmilzt auf
das Porzellan als glasige Schicht auf.
Anfangs wohl nur zu polychromem Flächendecor, farbigen Rändern,
Streifen u. dgl. verwendet, hat sich die Farbpalette in der Folge so ver-
vollkomrnnet, dass an die Ausführung von Gemälden geschritten werden
konnte und diese Art der Anwendung der Porzellanfarben ist es, die
durch die hier gebotene Eigenart der Technik, die zarte zierliche Behand-
lung der Farben und den eigenthürnlichen Effect der damit geschaffenen
Gemälde die Porzellanmalerei zu einer besonderen und geschätzten
Kunst gemacht hat.
Das Aufbrennen der Porzellanfarbeu geschieht, wie gesagt, in den
Muffelöfen. Die Muffeln, in welche die bemalten Stücke geschickt ein-
gestellt werden, sind kastenförmige Behälter aus feuerfestem Thon, vorne
durch einen Thondeckel zu verschließen. Die Flamme eines Rostfeuers
umspült den Thonkasten und bringt ihn samrut den darin befindlichen
Porzellanstücken in Gluth. Ist die nöthige Hitze erreicht - etwa 800" C.
- so schmelzen die Farben glatt aus, was sich durch ein Schauloch im
Deckel der MuEcl beobachten lässt.
Die Porzellanmalerei erfordert große Nettigkeit und Accuratesse der
Ausführung, indem die zarten, stark bleiischen Farben sehr leicht durch