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Hummer 24 
internationale SammI e r-Z e it u n g. 
Kestner in innigen Beziehungen. Ihre Schwägerin unä gleichzeitig 
äie Schwägerin und freundin Boies war Utarie (111 oIly) uon 
Gräuemeyer geh. uon Hugo; sie hatte mit uiclen ausgezeichneten 
JTtännern Verbindungen und war mitarbeiterin an Boies „Deutschem 
niuseum“. Bcie widmete ihr das Gedicht „ITlolly flieht“ in Vossens 
lTlusenalmanach für 1796, S. 19. — Budwig Heinrich Hölty, ITlit- 
begründer des „Haines“, war in den leßten Stadien seiner Krank 
keif nach Hannouer zu Zimmermann gekommen, um sich uon ihm 
behandeln zu lassen, Zimmermann konnte ihm nicht mehr helfen, 
er sah den jungen begabten Dichter am 1. September 1776 in den 
Armen Boies sterben. Bei Holtys Tod mar auch Johann Thomas 
Budwig Wehrs zugegen, ebenfalls ein Stifter des Bundes und 
freund Bürgers, ln den freunden der Göttinger, besonders Boies 
und Bürgers, dessen Herzensmirren den seinigen mit Charlotte uon 
einem, dem „kleinen entzücken“ des Haines, sehr ähnelten, zählte 
auch der münsterauer Anton ITtatthias Sprickmann. ein freund 
Botte Kesfners (geb. Buff) suchte er im April 1778 mährend eines 
Aufenthaltes am Kammergericht zu Weilar mit seinen Genossen 
auf dem Grabe Werthers eine Trauerfeier mit Blumen und ITlusik 
zu ueranstalten. Später trat er in den Kreis der fürstin Gallizin 
in ITlünsfer i. W. ein, wo Goethe im llouember 1785 seine „inter 
essante“ Bekanntschaft machte. Johann fllartin llliller, der Ver 
fasser des „Siegmart“, einer der Stifter des Bundes, besuchte 
Goethe Anfang August 1775 in frankfurt; sein Vetter Gottlob 
Dietrich miller aus Ulm war der Sekretär des Bundes, ln JTlatthias 
Claudius’ „Wandsbecker ßothen“ erschienen mehrere Gedichte 
Goethes zum erstenmal, 1784 war Claudius bei Goethe in Weimar, 
Den geistreichen Helfrich Peter Sturz uerband freundschaft mit 
Bürger und Boie. Christian Adolf Ouerbeck, der Vater des ITlalers 
friedrich Oberbeck, stand ohne zum Bunde zu gehören, mit den 
Dichtern in Verkehr. 
mitte Juni 1774 erhielt Goethe in frankfurt den Besuch des 
Kammersekretärs IJleyer aus Hannouer nebst Gemahlin, mit denen 
er und Bauater in Cms wieder zusammenfrafen und angeregten 
Umfang pflegten. Rleyers waren mit Kesfners und auch wohl mit 
Zimmermann befreundet, es ist deshalb nicht ausgeschlossen, daß 
die in der Sammlung liegende Silhouette des Kriegssekretärs IJleyer 
in Hannouer, den auch Bürger in seinen Briefen wiederholt ermähnt, 
Goethes Cmser Bekannten darstellt. 
Von der familie friedrich Heinrich Jakobis, den Goethe 
auf der Rheinreise im Juli 1774 in Pempelfort persönlich kennen 
lernte und mit dem ihn dann innige freundschaft oerband, enthält 
die Sammlung 6 reizende Schattenrisse: Jakobi selbst, seine Gattin 
Betty geb. uon Clermont, die Goethes Bekanntschaft schon im 
Sommer 1775 zu frankfurt gemacht und durch ihre herrlichen 
Cigenschaffen die Zuneigung des jungen Dichters gewonnen hatte, 
und oier Kinder Jakobis. An dem Streit Jakobis mit tAoses llJen- 
delssohn über Bessings Spinozismus nahm Goethe reges Interesse, 
Den Hannooeraner Julius Heinrich uon Bindau, einen freund 
Baoaters, traf Goethe auf der Schroeizerreise 1775 in Zürich. Bindau 
trug Goethe seine Begleitung auf den Wanderungen an, die aber 
uon diesem abgelehnt wurden. Um den darob oerdrießlichen Bindau 
zu beschwichtigen, besuchte der Dichter den Einsiedler im Sihlfhal 
beim Abstieg oom St. Gotthard. Jm frühjahr 1776 kehrte Bindau 
nach Hannouer zurück, hier machte der 19jährige Anfang fTlärz 
einen Selbstmordoersuch, nach einem kurzen Aufenthalte bei 
Goethe in Weimar ging er noch in demselben Jahre als Beutnant 
mit hessischen Truppen nach Amerika, er fiel bei einem Sturme 
auf das fort Washington. Der „herrliche Bindau“, wie Goethe ihn 
nannte, hatte bestimmt, dafj sein freund Goethe die Vormundschaft 
über einen schweizer Hirtenknaben, Peter in Baumgarten, der einst 
Bindau das Beben gerettet hafte, übernehmen möge. Goethe lud 
sich die „neue Bürde“ auf und liefj den Knaben in Weimar ausbilden. 
Auf der Rückkehr aus der Schweiz traf Goethe im Juli 1775 
in Sfraßburg mit Johann Georg Zimmermann zusammen. Zimmer 
mann mar im Begriffe, in seine Heimat, die Schweiz, zu reisen und 
suchte in Strasburg seinen Sohn auf, der bei dem Ratsherrn 
Ziegler in Pension war. Bei dieser Gelegenheit zeigte Zimmermann 
Goethe in einem Stoß Silhouetten auch den Schattenriß der frau 
uon Stein, die der Hannöoerische Beibarzt 1775 in Bad Pyrmont 
kennen gelernt hatte. Goethe schrieb unter das Bild der frau, die 
für sein Beben eine solche Bedeutung gewinnen sollte; „Es wäre 
ein herrliches Schauspiel zu sehen, wie die Welt sich in dieser 
Seele spiegelt. Sie sieht die Welf, wie sie ist, und doch durch das 
medium der Biebe. So ist auch Sanftheit der allgemeine Eindruck.“ 
Eine der drei Silhouetten Zimmermanns in der Sammlung stammt 
aus dieser Zeit, Juli 1775, die beiden andern sind oom Dezember 
1775 und märz 1777. Ende September 1775 suchte Zimmermann 
in Begleitung seiner Tochter Katharina Zimmermann Goethe in 
frankfurt auf und logierte im Goetheschen Hause, gerade als sich 
der auf der Brautreise begriffene junge Herzog Karl August uon 
Sachsen-Weimar dort aufhielt. „Ich sah mit eignen Augen, daß der 
Herzog ganz in Goethe oerliebt war, und er hat Recht“, schreibt 
Zimmermann am 5. lJouember 1775 an Herder. — Im 15. Buche 
uon Dichtung und Wahrheit gibt Goethe eine ausführliche, aber 
nach neuer forschung nicht zutreffende Schilderung uon Zimmer 
manns Charakter und dem Verhältnis zu seinen Kindern Katharine 
und Johann Jakob. Katharine Zimmermann lebte nach dem Tode 
der AJutter im Hause der frau uon Ompteda in lllinden, 1775 
reiste sie in Begleitung uon ITlercks Gattin nach Bausanne, wo sie 
bei Zimmermanns freund, dem berühmten Arzt Tissot, Aufnahme 
fand. 1775 holte sie ihr Vater nach Hannouer zurück, sie starb 
am 10 September 1781 an der Schwindsucht, frau Rat Goethe 
nahm „dieses süße liebe ITlädchen“ nach dem oben erwähnten 
Besuch in die „Zahl ihrer Kinder“ auf. Goethe spricht sogar daoon, 
daß er auf Wunsch seiner lllutfer das ITlädchen hätte heiraten 
sollen, ob dies der Tatsache entspricht, oder ob es zu den „Dichtun 
gen“ der Selbstbiographie gehört, jedenfalls machte Katharina 
großen Eindruck auf Goethe, so daß Zimmermann an die flau 
uon Stein schreiben konnte: „Air. Goethe fait trop d’honneur ä 
une fille.“ 
Johann Jakob Zimmer mann, der Sohn, den Goethe eben 
falls und zwar mit einigen Unrichtigkeiten erwähnt, war im ilo- 
uember 1774 als Student der Aledizin nach Straßburg gekommen, 
am 50. llouember 1777 brach bei ihm der Wahnsinn aus, er starb 
in uölliger Geistesumnachtung im Jahre 1820. 
Dasselbe furchtbare Schicksal mußte der genialste uon Goethes 
Jugendfreunden, Jakob Alichael Reinhold Benz, erleiden, der einzige, 
der es wagen konnte, sich mit dem Größeren zu messen. Die 
Silhouette stammt aus der Zeit in Weimar, wo sich der unglück 
liche Dichter oom 1. April bis zum 1. Dezember 1776 bei Goifhe 
und der frau uon Stein aufhielf, bis ihn eine „Eselei“ uon dort 
uertrieb. 
Vom Weimarer fürstenhaus ist niemand in der Sammlung 
uertrefen, wohl aber die lllutfer der Anna Ainalia, Philippinc 
Charlotte, die Schwester friedrichs des Großen, Gemahlin des 
Herzogs Karl I. uon Braunschweig-Wolfenbüttel. 
Zwei Bekannte aus Goethes Kreis in den Kriegen der 90er 
Jahre treffen wir in den Silhouetten des Barons uon Grathaus 
und des Herrn uon Bauiere. llikolaus Anton Heinrich Julius 
uon Grothaus (geb. 1747 auf dem Delm bei Buxtehude) studierte 
in Götfingen die Rechte, kam nach abenteuerlichen Reisen, die ihn 
u. a. zu Paoli nach Korsika führten, nach Hannouer, wo er uon 
König Georg Ui. eine Adjutantensfelle erhielt. Dann diente er als 
freiwilliger im bayrischen Erbfolgekrieg und wurde infolge dessen 
preußischer Oberst ä la Suite. Er starb irrsinnig am 4. llouember 
1801 auf der festung Kulmbach. Im Sommer 1779 war er nach 
Weimar gereist, um den Herzog und Goethe kennen zu lernen. 
Goethe erwähnt ihn in seinem Tagebuch oom 25. August 1779 
und in einem Billet an die frau uon Stein: „Es ist ein schöner, 
braoer, edler Alensch, sein landstreichendes Wesen hat einen guten 
Schnitt“. Goethe wollte Grothaus 15 Jahre später auf der Campagne 
in frankreich Wiedersehen. Am 31. August 1792 oar Verdun stellte 
ihm der Herzog „einen unerwarteten fremden“ nor, den abenteuer 
lichen Grothaus, der seine Partheygängerrolle auch hier zu spielen 
nicht abgeneigt, angelangf mar, um den bedenklichen Huftrag der 
Aufforderung Verduns zu übernehmen. Wir begrüßten uns, alter 
Wunderlichkeiten eingedenk, auf das heiterste und Grothaus eilte
	        
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