Nr. 8
Internationale Sammler-Zeitung,
Seite 110
in den Erzeugnissen ihrer Zunft auszunützen wußten. Im
17. und 18. Jahrhundert blühte die Glasschneiderei
namentlich in Nürnberg, Thüringen, Hessen und Sachsen,
wo man sie hauptsächlich auf Pokalen in Anwendung
brachte.
Aber auch die Mark Brandenburg stand nicht
hintenan. In der 1674 vom Großen Kurfürsten auf dem
Kaninchenwerder bei Potsdam, der jetzigen Pfaueninsel,
gegründeten, 1736 nach Zechlin bei Rheinsberg verlegten
Hütte wurden Gläser von außerordentlicher Güte ge
blasen und mit vorzüglichem Schnittdekor versehen.
Sogar das von Johann Kunckel erfundene Rubin
glas wurde in der brandenburgischen Hütte hergestellt.
Wir finden in der Mühsamschen Sammlung gute Proben
der Rubingläscr vor, so besonders eine große Kanne mit
Dresdener Silberfassung.
Die Miihsamsche Sammlung ist mit großem Ver
ständnis zusammengetragen worden; das sehen wir an
den »Zwischengoldgläsern«, von denen wir die
typischesten Beispiele jener schwierigen Kunst vorfinden.
Das Gold wird hier zwischen zwei zusammengesetzten
Gläsern angebracht.
Zum Schlüsse seien noch die Gläser mit durch
sichtiger Eimailmalerei erwähnt und die Auswahl
typischer Biedermeiergläser, bei denen buntfarbige Be
malung und Vergoldung die Hauptrolle spielen. Aber sie
sind nur noch die letzten Ausläufer der alten Glas-
schneidckunst.
Die Sammlung Alfred Ritter v. Pfeiffer.
Wenige Tage nach der Versteigerung der großen Hand
zeichnungssammlung Arnold Otto Meyer hat dis Firma C. Q.
Boerner in Leipzig wiederum zwei umfängliche und
reich ausgestattete Auktionskatäloge verschickt. Es handelt
sich um die Sammlung des verstorbenen Alfred Ritter von
Pfeiffer in Wien, einem der bekanntesten österreichischen
Bücherfreunde, der wohl die wertvollste in Privatbesitz befind
liche Bibliothek von illustrierten Büchern des 15. bis
18. Jahrhunderts hinterlassen hat. Aber auch als K u p f er
stich Sammler war Pfeiffer sehr bekannt. Seine Blätter
von Dürer und Rembrandt und seine prachtvollen eng
lischen und französischen Farbenstiche des 18. Jahrhunderts
beschreibt mit anderem zusammen der zweite Katalog.
Den größten Teil der Bibliothek Pfeiffer bilden die fran
zösischen illustrierten Bücher des 18. Jahrhunderts. Kaum
eines der berühmten Bücher Jener Zeit, das nicht in wertvoller
Ausgabe in schönem Einband vorhanden wäre. Wir finden da
die schönen Ausgaben von Ovids Metamophorsen (Fig. 12 gibt
eine Abbildung daraus wieder), Boccaccio, die berühmten
Werke Dorats in längeren Serien, die französischen Klassiker
in ihren besten Ausgaben und vor allen Dingen prachtvolle
Exemplare der verschiedenen Werke Lafontaines, an denen
wohl die besten französischen Illustratoren der Zeit, von
Moreau le jeune angefangen, gearbeitet haben. Zu nennen wäre
dann noch der Heptameron der Marguerite de Navarre, reich
ausgestattete Ausgaben von Meliere, Ch. Secondat de Montes
quieu, Rousseau und Voltaire, nicht zu vergessen die umfang
reiche Sonderabteilung der Werke des Retif de la Bretonne
und das herrliche Monument du Costume.
Das Schv ergewicht der Sammlung liegt in den H o 1 z-
s c h ri i 11 b ii c h e r n des 15. und 16. Jahrhunderts. Wir nennen
hier den Theuerüanck, den Holbeinschen Totentanz, die neunte
deutsche Bibel, den Poliphilus, den Schatzbehalter, den Sehedel,
die Rosvita und die drei Bücher Albrecht Dürers: die große
Passion, das Mari i nleben und die Apokalypse, breitrandig in
einem Band vereinigt, und dessen kleine Holzschnittpassion
mit dem seltenen Originaltitel in originaler, breitrandiger Zu
sammenstellung, alr gebunden. Des weiteren finden wir die
Abteilungen: Austriaca und Vientiensia, Reise- und Ansichts
werke, Ausgaben Crßnrrs, illustrierte Bücher des 19. und
20. Jahrhunderts, eine sehr wertvolle und umfängliche Abtei
lung Kupferwerke des 16. bis 18. Jahrhunderts, auf die Schweiz
bezügliche Werke, eine reiche Abteilung von Hoffestlichkeiten,
Kostümwerken, ein herrliches, von Pa fl e 1 o u p gebundenes
Exemplar des Cabinet du Roy und eine prachtvolle Biblio
graphie. Von den Wappenbüchern heben wir das aus der
Sammlung Hauser stammende Exemplar von Paul Hektor
Mairs, »Bericht und antzaiger der löblichen Statt Augs-
purg, aller Herren Geschlecht, so vor fünfhundert und mehr
Jaren, weder yemandt wissen oder erfaren kan, daselbst ge-
wont, vnd bis auf Achte abgestorben 1550.« Diesem Werke ist
auch das Wappenbild (Fig. 13) entnommen.
Der Katalog der Kupferstichsammlung beginnt mit einer
Abteilung »Kupferstichsammelwerke«, die eine Spezialität der
Big. 12. Aus Ovids »Metamorphosen
Pfeifferschen Sammlung bildet und eine Reihe größerer Bände
enthält, in denen die fast vollständigen Werke von Callot,
Deila Bella, Denen, Chodowieoki, Hogarth, Dyck, Le Brun,
Ploos van Amstel, Rubens, Troost und vieler anderer einge
heftet sind. Die jetzt so selten gewordenen Werke Ridingers
sind zum großen Teil in prachtvolle alte Bände gebunden. Eine
Liebhaberei des Sammlers bildeten ganze Skizzenbücher her
vorragender Künstler. In dieser Sammlung sind ein Skizzen
buch Stephan Deila Bellas, eines von Gottfried Sch a-
d o w und eines von L i o t a r d die kostbarsten Stücke. Be
sonders das letztere enthält schöne Originalaquarelle,