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Internationale Sammler-Zeitung.
Nr. 12
Porträts von Napoleon, Nelson und Pitt (von
Rosmaesler) und M u r a t (unsigniert), vier Kupfern von
Dornheim zu W erners »Weihe der Kraft« und vier An
sichten von Gaeta, Karlsbad und den Sternwarten von
St. Petersburg und Paris. Von dieser Ausgabe, die auf Ver
anlassung der französischen Regierung unterdrückt wurde,
sind nur durch ein Versehen einige wenige in den Handel ge
kommen. Die übrigen Exemplare der ersten Ausgabe wurden
vom Verleger Ettinger mit neuen Titeln versehen:
»Historisch-genealogischer Kalender auf das Jahr 1808« (statt
»Gothaischer Hof-Kalender«), respektive »Almanac historique
Fig. 7. Gotha, 1795.
genealogique« (statt »Almanac de Gotha«), um die französischen
Zoll- und Zensurbehörden zu täuschen. Auch von dieser Titel
ausgabe, die »Leipzig« firmiert, sind die deutschen Exemplare
sehr selten geworden. Die Sammlung Clement enthält drei,
das eine mit dem ursprünglichen Titel als Beilage; ferner
sieben Exemplare der endgiltigen Ausgabe, die mannigfache
Verschiedenheiten zu den Angaben der Bibliographen Dozy
und Chenedolle aufweisen. Auch von der französischen
Ausgabe ist ein Exemplar im Ursprungsdruck vorhanden; dazu
kommen sieben Exemplare mit dem Täuschungs-Titelblatt, die
unter sich aber auch wieder kleine Varianten enthalten, und
ein Exemplar der in Paris redigierten Ausgabe. Der berühmte
Jahrgang ist also — ein einzig dastehender Fall — hier in
seinen sämtlichen Fassungen vorhanden.
Bis zum Jahre 1814 währt die napoleonische Beeinflussung
auch in den Bildern: die vier Rheinbundkünige, die napoleoni-
schen Könige von Spanien, Holland, Neapel und Italien, die
napoleonischen Großherzoge von Frankfurt, Baden, Hessen
und Würzburg alternieren mit französischen Uniforrnbildern.
Nach des Korsen Sturz wird der Almanach wieder zum
»üothaischen Hof-Kalender« und bringt auch 1815 als erstes
Papstbild das Porträt Pius VII.
Fig. 8. Gotha, 1795.
Im Jahrgang 1825 findet sich ein interessanter hand
schriftlicher Vermerk. Es heißt nämlich da: »Dieser Calender
ist insofern merkwürdig, weil der Aufsatz „Der Bauernkrieg"
als zu liberal das Mißfallen des Oesterreichischen Hofes er
regte, der durch seinen Gesandten am Dresdner Hofe sich
bey dem hiesigen beschweren und auf Verbot der weiteren
Ausgabe des Calenders antragen ließ, welches auch e r-
folgte.« Von diesem Verbot war in der Literatur über den
Hofkalender bisher nichts bekannt.
Verschiedene Reihen von 1832 ab (seit 1812 firmiert
Justus Perthes) beschließen den Katalog.
Spitzen.
Von Alexander Freiherrn von Gleichen-Rußwurm (München).
(Schluß.*)
Einen großen Schlag erlitt die Manufaktur von
Alencon durch die Aufhebung des Ediktes von Nantes,
weil viele der geschicktesten Arbeiterinnen vertrieben
und in alle Welt zerstreut wurden. Obwohl die Aus
wanderung den Reformierten verboten war, entkamen
doch mehr als fünfzigtausend Familien nach Holland,
England und Brandenburg. Darunter waren so viele
Spitzenarbeiter und -Arbeiterinnen, daß die französische
* Siehe Nr. 11 der »Internationalen Sammler-Zeitung«.
Industrie während des 18. Jahrhunderts bereits mit
Schwierigkeiten kämpfte und jedenfalls keinen Fort
schritt in der Entwicklung verzeichnete. Der zweite ver
nichtende Schlag traf sie aber durch die französische
Revolution. Die Arbeiter mußten fliehen, viele von ihnen
wurden auch getötet, weil das empörte Volk ihre Kunst
für aristokratisch erklärte und für verderblich hielt, in
Anbetracht der allgemeinen Not. Auch wurde die Tracht
so einfach und nüchtern, daß sic wenig Gelegenheit bot,
kostbaren Zierat zu verwenden. Als Napoleon die