Nr. 17
Internationale S a m m 1 e r - Z e i t u n g.
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minder weist das Breviarium G r i ni a n i der Bibliothek
San Marco in Venedig Nelken in den Randleisten auf.
In den Blumenstücken der deutschen und nieder
ländischen Maler ist die volkstümliche Nelke immer
vertreten. In den großen Gemäldegalerien ist eine ganze
Reihe von Bildern der niederländischen und deutschen
Renaissance und der späteren Epochen zu sehen, die
Nelken aufweisen. Die Wiedergabe der Natur ist auf
diesen Stilleben so vollkommen, daß man verschiedene
Sorten auf den Bildern erkennen kann. Aus der Wiener
Galerie erwähnen wir die Blumenstilleben Jan Philip
van Thiel ens, genannt Rigouldts (1618 bis 1667),
Jan van Huysums (1682 bis 1749), der Rachel
Ruijsch (1664 bis 1750) (Eig. 8), des Jan van der
Hoecke u. a. Auch ein Münchener Bild Jan van H u y-
s u m s hat schön gefüllte Nelken.
Noch sei das Blumenstück des in Wien gut ver
tretenen bekannten österreichischen Blumenmalers Jo-
Fig. 7. Madonna mit Nelke, angeblich von Leonardo da
Vinci.
hann Drechsler in der Melker Sammlung aus dem
Jahre 1809 erwähnt, auf welchem schöne gefüllte Nelken
unter den anderen Blumen erscheinen.
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Daß die Nelke eine geschätzte, sozusagen salon
fähige Blume war und blieb, beweisen das Bild Goyas
(1746 bis 1828), das die Marquise de Pontejos mit
einer langstieligen Nelke in der rechten Hand zeigt,
ferner Jean-Marc Nattiers (1685 bis 1766) Damen
porträts in Versailles. Madame Louise de Trance
hält eine rote, gefüllte Nelke empor, die sie aus einem
Fig. 8. Rachel Ruijsch, Großer Blumenstrauß.
Blumenkörbe herausgenommen hat, und Mademoiselle
de Beaujolais ziert ihr Korsage mit einem Nelken
sträuße. Von neueren Nelkenbildern seien hier noch des
Wieners J. L. Wen gl er (geboren 1815) Genreszene
»Beim Garnwinden«, das Gemälde von Prof. Adolf
Hengeler mit roten Nelken in einer Vase neben einer
Dame, das Mädchen mit der Nelke von Prof. Fritz
Fleischer etc. erwähnt.
Selbstverständlich ist die Nelke aus der freien
Kunst auch auf das Gebiet der angewandten Kunst
übergegangen. Schon auf einem im Museum zu Basel
befindlichen Gobelin aus dem 15. Jahrhundert sehen wir
neben Kartenspielern in einem Zelte die leicht stilisierte
Nelke. Auf Fayenceschüsseln persisch-rhodischer Marke
sind farbige Nelken eingebrannt, wie auch auf Porzellan
bis in die neueste Zeit. Auf Alt-Wiener Kaffeeschalen
mit der Blaumarke vom Jahre 1802 (Malerzeichen Niko
laus Paul) sah ich Blumensträuße mit gefüllten
Nelken. Die alte Majolika von Urbino 1766 hat eine
Nelke (Garofalo) als Zeichen.